Tuesday, May 17, 2016

Stimmung vor den Wahlen in den USA. Für wen sollten sich Katholiken entscheiden? Der Politologe Vasyl Bazylev schätzt die Lage ein.


Ein Interview von Dr. Edith Breburda mit einem bedeutenden US-Politologen 


Bezüglich der anstehenden Wahlen in den USA interessiert, wie beide Kandidaten die moralischen Werte einer Gesellschaft vertreten. Der amerikanische Politologe Vasyl Bazylev von der Universität Madison, WI, beschreibt die Situation folgendermaßen:

"Viele sind weder mit dem Wahlprogramm der Demokraten noch der Republikaner einverstanden. Die Demokraten sind eine alteingesessene katholische Partei. Aber wen soll man heute als Katholik wählen? Es ist unsere Verpflichtung zu wählen, doch weder Hillary Clinton noch Donald Trump entsprechen den Vorstellungen. Keinen von beiden sehen die Amerikaner als qualifiziert genug an, die Stelle des Präsidenten einzunehmen. Der Gedanke, man solle das kleinere Übel wählen, oder der eine Kandidat weiß besser, wie man mit Putin umzugehen hat, ist vielen unbehaglich. 


Am Ende werden Gesetze von den Senatoren gemacht. Wir nennen uns zwar eine Demokratie, doch rufen wir wirklich die Abgeordneten an, um ihnen unsere Wünsche kundzutun? Wir Amerikaner haben es in der Hand, unsere Politiker zu beeinflussen. Wir sollten ihnen sagen, wofür sie sich einsetzen sollen- und nicht umgekehrt. Oft geht es darum, den maximalen Profit herauszuschlagen. Unser amerikanisches Konsumverhalten macht uns sehr egoisitsch. Wir beschäftigen uns so sehr mit uns selbst, dass wir blind dafür geworden sind, wie wir die Gesellschaft wirklich verändern können. Die Präsidentschaftskandidaten verhalten sich nach dieser ureigenen amerikanischen Norm. Wir töten z.B. Kinder und bald auch alte Leute, nur, um weiterhin ein komfortables Leben führen zu können.

Viele meinen unser System ist deshalb krank, weil der Wähler seine Rechte selten wahrnimmt. Wir wissen gar nicht mehr, wen wir wählen können. Vielleicht brauchen wir eine dritte Partei.

Selten fragen wir uns, ob wir den richtigen Kampf kämpfen. Die wichtigste Frage ist, was tun wir, um die Gesellschaft so zu verändern, dass sie sich für Kinder einsetzt, anstatt sie im Mutterleib zu töten? Wir müssen daran arbeiten, eine kinderfreundliche Gesellschaft aufzubauen. Haben wir denn keine Persönlichkeiten mehr, die versuchen, nach den uns von Gott gegebenen Gesetzen zu leben und Kinder zu lieben? 

Wenn jemand gegen Abtreibung ist, heißt es gleich, er sei ein Ultrakonservativer und man müsse die Rechte der Frauen wahren. Mütter sollen das Recht auf Selbstbestimmung haben. Sich um Kinder zu kümmern, versklave sie. 

Wo bleiben die moralischen Werte, die eine Gesellschaft ausmacht? Wir erlauben einer Mutter ganze drei Wochen Mutterschaftsurlaub und sagen, unsere Ökonomie kann sich nicht mehr leisten. Geht es nicht um ein Kind, das als Erwachsener seine Talente und Arbeitskraft einbringt?

Ein Vater muss 16 Stunden am Tag arbeiten, um seine Familie einigermaßen zu ernähren. Wir produzieren lieber in China, weil es dort billiger ist. Damit haben wir unsere ganze Mittelschicht zerstört. Kinderreiche Familien sind der tragende Faktor für eine Gesellschaft. Aber heute haben wir Alleinerziehende, die in mehreren Jobs arbeiten, um über die Runden zu kommen. Statistiken zeigen, dass Armut und Hunger gerade in solchen Haushalten zunehmen. 

Wir brauchen immer mehr Essenskarten für die ärmer werdende Bevölkerung.
Früher, ich meine ganz früher, also noch in der Bibel, sprach man von dem einen Denar als Tageslohn. Das reichte aus, um eine Familie zu ernähren und schenkte dem Vater zudem noch Zeit, die er mit seinen Lieben verbringen konnte. Und heute? Was will man mit 9 Dollars in der Stunde. Damit kann man keine Familie ernähren. Um das zu gewährleisten muss ein Vater mindestens 20 Dollars pro Stunde verdienen. 

Ich kann noch viele Beispiele nennen und möchte hier nur zwei herauspicken, um einen Einblick in die momentane Situation zu geben.
Welche Optionen hat eine Frau, die schwanger ist? Ich kannte eine Frau, die eine Stelle als Schuhverkäufern hatte. Nach der Geburt ihres Kindes bekam sie 3 Wochen Mutterschaftsurlaub. Das ist die Zeit, welche sie hier in den USA hat. In unserer Gottlosen-Gesellschaft frage ich mich, was eine Frau nach 3 Wochen machen soll. Sie wird nach der Geburt ihres Kindes wieder zur Arbeit gezwungen. Was soll sie mit dem Kind machen? Wenn sie nicht arbeitet, verliert sie auch ihre Krankenversorgung. Sogenannte Day-Care-Zentren für Säuglinge kosten zwischen 1200 und 1600 Dollars im Monat. Soviel verdient eine Frau nicht. Welche Optionen hat sie? Das Kind zur Arbeit mitnehmen? 


Ich arbeitete an einer Finanzfirma. Man hatte dort einen extra Raum für Mütter, damit sie alle zwei Stunden ihre Kinder stillen konnten. Dieses Zimmer war immer leer. Ich war oft in ihm, und dann fragte ich mich, wie die Babys überhaupt zur Mutter kommen sollten? Zur Arbeit konnten sie es nicht mitbringen, und sie hatten keinen, der es ihr von zuhause zum Stillen bringen konnten. Wer sollte auch auf das Kind aufpassen? Es war alles nur eine Vorschrift- im Grunde fragte kein Mensch, wo die Mutter ihr Baby hatte. 

Erwarten wir, dass ein Kind nach 3 Wochen auf sich selbst gestellt sein kann und dass es nach dieser kurzen Zeit die notwendige emotionale, physiologische und psychologische Reife erworben hat? Ein Kind sollte mindestens ein Jahr bei der Mutter sein können. Das hat momentan gar nichts mit Nächstenliebe zu tun. Es handelt sich eher um eine Handhabung die uns die Natur vorschreibt. Hat denn nicht jedes Kind ein Recht auf mütterliche Wärme und Geborgenheit? Schon das Immunsystem eines Babys braucht so viel Zeit für seine Entwicklung. 

Bis jetzt gab es keinen Präsidentschaftskandidaten, der in diesem Fall eine humanistische oder ökonomische Lösung anbietet. Es fällt schwer, eine Gesellschaft als christlich zu bezeichnen, wenn sie nicht bestrebt ist, junge Mütter zu unterstützen. 

Es ist leicht, sich verbal für- oder gegen Abtreibung zu äußern. Und darum geht es im Grunde auch nicht. Es geht darum, was wir als Bürger für unsere Kinder tun. Wenn wir junge Mütter unterstützen würden und uns für junge Familien einsetzen, dann hätten sie gar keinen Grund, ein Kind abzutreiben. Dann würde unsere Gesellschaft nicht veralten. Dann müssten wir keine Angst haben, dass wir keine Pfleger für unsere Großeltern finden und Altenheime senile und schwer Pflegebedürftige auf die Straße setzen, sobald sie für die Pflegeversicherung zu teuer werden. Das ist alles hier bei uns passiert. Die Überalterung der Gesellschaft stellt nicht nur ein ökonomisches Problem dar, sondern ist auch ein Sicherheitsrisiko. 

Einwanderer sind so gesehen ein Glücksfall. Doch wie oft hören wir, dass hochgebildete Leute, von denen wir einen großen Nutzen haben könnten, die größten Schwierigkeiten haben. Ich kenne viele Doktoren, die ihren Abschluss an Eliteunis machten. Sie dürfen hier nicht arbeiten und müssen stattdessen Jahrelang auf ihre Green-Card warten. Politiker sagen dann einfach, es sei ein Gesetz und das könne keiner ändern. 

Haben wir als eines der wohlhabendsten Länder der Welt wirklich nicht die ökonomischen Mittel, unsere Mitmenschen besser zu betreuen? In die Präsidentschaftswahlen ist so viel Geld involviert.
Ich persönlich denke an ein ganz praktisches Modell. Wir haben so viele alte alleinstehende Leute. Warum fragen wir sie nicht, ob sie eine junge Mutter für einige Zeit in ihr Haus aufnehmen würden. 

Die junge Frau könnte sich um die Herrschaften kümmern und wäre gleichzeitig mit ihrem Kind zusammen. Eine derartige Hilfe würde beiden zugutekommen. So gesehen, ist es nicht so wichtig, welcher Kandidat den besseren Nachfolger für Justice Scalia hat. Denn wir sind es, ganz persönlich, die etwas beitragen können, dass Amerika humaner wird. Wir können unsere Verantwortung nicht auf Politiker und ihre Gesetze abschieben. Ob Abtreibung legal oder illegal ist, hilft letztendlich der betroffenen Mutter nicht, die unser persönliches Engagement in dieser Situation am meisten braucht."



Monday, May 16, 2016

Im Labor erzeugte Embryonen fachen die ethische Debatte wieder an


Dr. Edith Breburda

Veröffentlicht in Schattenblick, 17. Mai 2016
Es ist leicht, eine Regel zu beachten, wenn man nicht das nötige Wissen besitzt, sie zu umgehen. Seit langem haben sich Forscher darauf geeinigt, Embryonen, die der Forschung zur Verfügung stehen, am 14. Lebenstag abzutöten. Bisher war das kein Problem, weil sie höchstens sieben Tage nach der In-Vitro-Fertilisation überlebten. Am siebten bis neunten Tag nistet sich ein Affen- oder Menschen-Embryo in der Gebärmutter ein. Deshalb ist es bisher keinem Wissenschaftler gelungen, Embryos über den 7. Tag hinaus das lebenserhaltende Nährmedium bereitzustellen.

Jetzt ist dies jedoch zwei Forschungsgruppen gelungen, was die alte Debatte um die „14-Tage-Regel“ neu entfacht.
Der Embryo muss das Blastozystenstadium erreichen, bevor er sich einnisten kann. In den Tagen nach der Befruchtung wandert der Embryo normalerweise den Eileiter hinunter, um sich später im Uterus zu implantieren. Im Acht-Zellenstadium, bzw. am dritten Tag, sind seine Zellen omnipotent. In der Tierzucht kann man den Embryo teilen und auf diese Weise acht Zwillingstiere erhalten, wenn Leihmütter-Tiere die Trächtigkeit fortsetzen.
Die Blastozyste ist das Stadium, in dem sich der Embryo ab dem fünften Tag befindet. Ein «Preimplantation’s Embryo» besitzt 150 Zellen.
Die Blastozyste sieht aus wie ein Siegelring. Die Siegelringstruktur stellt den Embryoblasten dar. Es handelt sich um eine Anhäufung von etwa 30 Zellen, die man auch «inner cell mass» nennt und woraus wir uns entwickeln.
Die Zellen des Embryoblasten sind pluripotent, weil sich die Zellen in mehr als 220 Körperzellen differenzieren können. Um aus diesen Zellen, Stammzelllinien für die Forschung gewinnen zu können, muss der Embryo zerstört werden.
Wie man Stammzellen differenziert, ist nach wie vor schwierig herauszufinden. Sobald dieses erreicht ist, sei man am Ziel der Forschung angelangt. Die Forscher könnten es sich leichter machen, indem sie „Embryos“ länger am Leben erhalten. Am 14. Tag der menschlichen Embryogenese fangen die Zellen an, sich in die drei Grundformen: Mesoderm, Ektoderm und Entoderm zu differenzieren.
Weil die weitere „Ernährung“ des Embryos außerhalb des Uterus - und damit ohne eine Einnistung – bisher noch nicht gewährleistet werden konnte, war es bis jetzt technisch nur möglich, Embryos so lange im Labor am Leben zu erhalten, wie sie entwicklungsphysiologisch ohne Nahrung auskommen können. Also bis zum Tag ihrer Implantation.

Die Blastozyste besteht des Weitern aus dem Trophoblasten, einem äußeren Ring von Zellen, welche die Zellhöhle, auch Blastocoel genannt, umgeben.
Aus der Ringstruktur, dem Trophoblast bildet sich die Plazenta und die Eihäute. Der Trophoblast dringt in die durch Hormone vorbereitete Uteruswand ein: Zellproliferation, Uterusdrüsenbildung, Gefäßneusprossungen sind auf Hochtouren, um die Einnistung des Embryos zu gewährleisten. Die Plazenta übernimmt die Ernährung, womit die embryonale und fötale Entwicklung gewährleistet wird.
Das ganz spezielle Uterine-Environment und die Plazentation, die für ein Weiterleben des Embryos notwendig sind, im Labor nachzuahmen, ist eine große Herausforderung an Wissenschaftler.
Seit 1990 darf man in Groß-Britannien im Kontext der Fertilitätsforschung mit bis zu 14 Tage alten menschlichen Embryos experimentieren. Verwendet werden durften allerdings nur gespendete Embryos, die bei der In-Vitro-Fertilisation übriggeblieben waren und ansonsten vernichtet worden wären. In England wurden mehr Embryos erzeugt, als eigentlich gebraucht wurden. Der Anspruch der Wissenschaftler entzündete schon damals eine enorme bioethische Debatte.
Man einigte sich, den Embryo bis zum Erscheinen eines markanten Entwicklungsstadiums, der Primitivrinne, die am 14. Tag nach der Befruchtung vorliegt, wachsen zu lassen.
Danach sind die Entwicklungsstufen ineinander übergehend. Wenn Biomediziner diese Einigung nicht akzeptieren, kann es passieren, dass Forscher den Zeitpunkt der Zerstörung des Embryos hinauszögern, in der Hoffnung, dass sich der Embryo von selbst differenziert. Forscher argumentierten schon damals, dass der festgesetzte Termin ein Hindernis für sie sein könnte, um den Weg der Zelldifferenzierung herauszufinden (1).
Magdalena Zernicka-Goetz, Entwicklungsbiologin an der Englischen Cambridge Universität war die erste Forscherin, der es vor vier Jahren gelang, Mäuseembryonen über ihr Einnistungsstadium hinaus am Leben zu erhalten. Allerdings ist das natürlich nicht der 14. Tag, weil Mäuse überhaupt nur 21 Tage trächtig sind.
Seitdem hat sie ihre Methode modifiziert und konnte in Kollaboration mit dem Stammzellforscher Ali Brivanlou von der New–York-Rockefeller-Universität, die Lebensdauer von humanen Embryos verlängern.
Beide Forscherteams entfernten die äußere Membran, welche den Embryo umgibt und kultivierten ihn anschließend in zwei verschiedenen Nährmedien. Eines der Medien bestand aus Kälberserum. Forscher konnten eine Art Anhaftung des Throphoblasten auf dem transparenten Plastikmedium dokumentieren. Sie hatten damit ein Modell, um die Einnistung zu studieren. Viele Entwicklungsdefekte gehen auf eine fehlerhafte Nidation zurück. Eine Alternative dazu boten bisher histopathologische Untersuchungen an Affen- bzw. am Primaten-Embryo, der sich zum selben Zeitpunkt einnistet.
Nach der "Pseudoeinnistung" reorganisierten sich Mäuseembryonen. Ein humaner Embryo wurde auf Gebärmuttergewebe gegeben und entwickelte verschiedenen Zelltypen, obwohl die Ernährung durch das tote Gewebe nicht gewährleistet war.
Beide Forschungsgruppen stellten ihre Versuche nach 14 Tagen ein. Wie sie beobachteten, boten Mäuseembryonen keinen adäquaten Ersatz. „Wir müssen diese Forschung an humanen Embryos durchführen, um sie richtig deuten zu können. Die „14-Tage-Regel“ hält uns davon ab, die Eigenheiten eines menschlichen Embryos und seine spätere Entwicklung zu studieren. Aber die Regelung hat es uns auch ermöglicht, überhaupt Forschung mit menschlichen Embryos durchzuführen“, sagt Zernicka-Goetz.
Mit der neuen Methode der beiden Forscherteams fordern Wissenschaftler, die sogenannte „14-Tage- Regel“ neu zu überdenken.
George Daley, Stammzellforscher der Harvard Universität, berichtete: „Embryos besitzen so etwas wie einen Autopiloten. Sie länger am Leben zu erhalten, könnte Wissenschaftlern helfen, wichtige Fragen zu erforschen, z.B. wie sich das Nervensystem aufbaut. Die 14-Tage-Schwelle abzusetzen, würde eine ausführliche Diskussion erfordern, nicht nur mit Politikern. Die Gesellschaft müsste der Wissenschaft ihr Vertrauen entgegenbringen.“
Insoo Hyun, Bioethiker der Case-Western-Reserve-Universität von Cleveland des US-Bundestaates Ohio, ist Kommentator eines Artikels in der Fachzeitung Nature. Er ruft dazu auf, mit der 14 Tages-Regel zu brechen: „Wir sind eher da, als wir dachten. Wenn wir Embryos länger am Leben erhalten können, müssen wir uns darüber unterhalten, ob die „14-Tage-Regel“ wissenschaftlich noch tragbar ist. Sie wurde eingeführt, um der Forschung zu helfen und war nicht als absolute feststehende moralische Aussage gedacht. Doch wenn wir die Regel ändern wollen, brauchen wir viele Fürsprecher.“
Man kann Stimmen hören, dass nicht mit dem Zeitpunkt der Befruchtung, sondern mit der Erscheinung der Primitivrinne, menschliches Leben beginnt. Deshalb besteht man auf der „14- Tage-Regel.“
Pfarrer Tadeuz Pacholcyzk vom Nationalen-Katholischen-Bioethischen-Zentrum in Philadelphia nennt die Regel ein „Lippenbekenntnis, um Embryonen eine Art moralischen Status zu geben. Man hätte von Anfang an dagegen sein sollen.“

Literatur:
Edith Breburda: Verheißungen der neuesten Biotechnologien, Christiana Verlag: ISBN-10: 3717111728, ISBN-13: 978-3717111726 oder Ebook. 2010
Patrick Monahan: Why this lab-grown human embryo has reignited an old ethical debate. Science 4. May 2016





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