Vorgesehene Organspenderin aus dem Koma erwacht
Von Dr. Edith Breburda
PHILADELPHIA, Dienstag, 12. Juli 2011 (ZENIT.org). - Tadeusz Pacholczyk (Philadelphia), Doktor der Neurowissenschaften, Priester und Bioethiker desNationalen Katholischen Bioethikzentrums (NCBC) der USA, ist durch seine unzähligen Artikel in der katholischen Welt der USA und darüber hinaus bekannt. Einer seiner letzten Artikel, der in jeder Diözesan-Zeitung Nord Amerikas abgedruckt wurde, beschäftigt sich mit der Frage der Organtransplantation und des Gehirntodes.Am 25. Juni 2011 verweist der Ethiker in seinem Artikel: „Does the Catholic Church have doubts about braindeath?" (Hat die Katholische Kirche Zweifel an dem Hirntod) darauf, dass man Medizinern die Kompetenz, jemanden für hirntot zu erklären, nicht absprechen sollte. Es handle sich um ein rein wissenschaftliches und nicht um ein theologisches Feld, Zeichen des Hirntodes zu deuten.
Laut Pacholczyk seien sichere Todeszeichen der Herzstillstand, wenn die Totenstarre eintrete und wenn der komplette Verlust der Gehirnfunktion nachweisbar sei. Der Hirntod als neurologisches Kriterium des Todeszeitpunktes werde laut einer Rede, die Papst Johannes Paul der II. im August 2000 gehalten hat, auch von der katholischen Kirche anerkannt. Die Medizin habe immer den Hirntod als solchen akzeptiert, da lebenserhaltende Geräte in der modernen Medizin zum Einsatz kämen, die einen eigentlich schon nicht mehr Lebenden weiteratmen ließen. Neue Entwicklungen der Medizin „täuschten" über den Tod des Patienten hinweg, so Pacholczyk.
Die Amerikanische Medizinische Gesellschaft, die Amerikanische Akademie für Neurologie und renommierte Harvard Professoren sähen das Versagen der Hinströmeals irreversibel an. Die Päpstliche Akademie für das Leben, der Päpstliche Rat für Beschäftigte im Gesundheitsdienst, die Päpstliche Akademie der Wissenschaften u. a. unterstützten die medizinische Lehrmeinung, durch neurologische Kriterien den Tod zu definieren und würden diese unzweifelhaft anerkennen. Eine Verwirrung der Definition hätte zur Folge, dass wertvolle Zeit verloren gehe, um Organtransplantationen vorzubereiten, erläuterte der Bioethiker in seinem Artikel.
Trotz allem zweifeln viele Katholiken in Amerika und anderswo daran, ob ein Hirntoter wirklich tot ist.
Am 5. Juli 2011 berichtete eine kanadische Zeitung über eine als hirntot erklärte Organspenderin. Bei der 76- jährigen Quebecerin wurde von Ärzten im „Sainte Croix de Drummondville-Krankenhaus“ der Hirntod diagnostiziert. Sie war kurz zuvor wegen entzündeten Zahnfleischs operiert worden. Gleich nach der Operation wurde ihr feste Nahrung verabreicht. Die Frau verschluckte sich und fiel ins Koma. Die Mediziner kontaktierten die Familienmitglieder mit der Mitteilung, ihre Mutter sei für hirntot erklärt worden, man habe sie vergeblich reanimiert, eine Hoffnung auf Regeneration bestehe nicht. Die Ärzte warteten auf die Freigabe zur Organspende.
Die geschockten Angehörigen, die zwar keineswegs einer Organspende abgeneigt waren, verlangten jedoch weitere Untersuchungen, um sicher zu gehen, daß die Mutter wirklich tot war. Am nächsten Morgen erwachte die Patientin aus ihrem Koma, setzte sich in ihrem Bett auf und aß ein Joghurt.
„Wenn wir uns für eine Organspende entschlossen hätten, hätten wir sie umgebracht", so der Sohn. Für die Tochter macht es keinen Sinn, mit alten und kranken Menschen so zu verfahren. Sie ist froh, der Mutter einen Organspendentod erspart zu haben. Die Mutter selber hat ihre Familie sofort wiedererkannt, sie kann laufen und reden und alles scheint normal. Die Familie will das Krankenhaus verklagen.
Der Fall von Quebec ist bei weitem keine allein dastehende Anekdote. Hirntod als legitime Todesursache anzusehen, wird zunehmend von betroffenen Angehörigen, aber auch von besorgtem medizinischen Personal hinterfragt. Einige äußern ihren Unmut und sehen die Kriterien für Hirntod als „Entschuldigung" an, um Organtransplantate zu erhalten, am besten möglichst frisch.
Eine neuere Untersuchung der Sahlgrenska Akademie der Universität von Göteborg in Schweden zeigt, dass die Hälfte der schwedischen intensivmedizinischen Krankenschwestern die Kriterien und Methoden der Befunderhebung „Hirntod" anzweifeln.
„Besondere klinische Tests, die zu der Diagnose führen sowie weiterführende Analysen und ein Röntgenbild des Kopfes werden nur bei einigen Patienten vorgenommen, obwohl das schwedische Gesundheitssystem diese Untersuchungen für alle Patienten vorschreibt", berichtet Anne Flodén, die Autorin der Studie.
*Die Autorin ist als Biomedizinexpertin in Madison, der Metropole der US-Stammzellenforschung, tätig. Im deutschen Sprachraum veröffentlichte sie neben der Autorentätigkeit für die Lebensschutzorganisation ALfA unter anderem das Buch:
Edith Breburda: Die Verheißungen der neuesten Biotechnologien, Stein am Rhein, Christiania Verlag 2010.
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