Von Dr. med. Edith Breburda
Aus Christliches Forum vom 17. Februar 2014
Auszug aus dem Buch: Globale Chemisierung, vernichten wir uns selbst. Amazon.de: 15,75 EUR
Momentan diskutieren US-Politiker, ob genetisch modifizierte Lebensmittel der Kennzeichnungspflicht unterliegen sollen. Über 70% der Nahrungsmittel in den USA sind gentechnisch verändert. Nicht jedem Bürger ist das angenehm.
US-Farmer behaupten, sie ernähren mit ihrer Agrarproduktion die ganze Welt: “We’re feeding the world”. Weil es sich hierbei um einen hohen moralischen Anspruch handelt, darf man dafür Umweltschäden in Kauf nehmen, meinen sie.
US-Farmer haben zwar mit den neuen GMO-Saaten höhere Erträge erzielt. Trotzdem mussten sie höhere Düngergaben und Chemikalien einsetzen, um ihre Ziele zu erreichen.
Gentechnische Veränderung sollten ursprünglich die braungelben Larven des Maiszünslers bekämpfen. In den USA und in Europa richten sie großflächige Schäden an.
Die US-Agrarfirma Monsanto versucht, diesen Schädling mit Hilfe von gentechnisch veränderten Sorten einzudämmen. Studien, die über eine Wirkung auf die Gesundheit von Mensch und Tier aufklären sollen, wurden von der Firma durchgeführt, die Ergebnisse wurden allerdings nicht veröffentlicht.
Selbst Greenpeace kritisiert diese Vorgehensweise und verlangt mehr Tierversuche. 2012 publizierte Professor Gilles-Eric Séralini in einem wissenschaftlichen Journal Rattentumorfotos mit der dazugehörigen Schockstudie: “Genmais verursacht Krebs” [1].
Die Aussagen seiner Studie wurden aufgrund von angeblich “ungeeigneten Designs, unzureichender Auswertung, lückenhafter Darstellung der Ergebnisse und fehlender aussagekräftiger statistischer Tests” zurückgewiesen [2].
In den USA sind 90% der Pflanzen genverändert
In Kalifornien ist das Erbgut fast aller Mais-, Soja- und Baumwollpflanzen genetisch verändert. In den Vereinigten Staaten sind 90% der Pflanzen genverändert. Genmais der ersten Generation ist seit 1995 auf dem Markt.
FOTO: Farmer-Markt in Kalifornien
2013 wurde auf einer Gesamtfläche von 70 Millionen Hektar genmanipuliertes Saatgut ausgebracht [3]. Deutschland hat eine Staatsfläche von 35 Millionen Hektar.
Genmais-Hauptanbaugebiete sind zur Zeit die USA, Argentinien, Kanada, Brasilien, China und Südafrika. Zu den genmanipulierten Pflanzen (Genetically Engineered Crops) gehören insektenresistente Bt-Sorten, herbizidtolerante HT-Sorten und die “Stacked gene varieties”, die sowohl eine Insektenresistenz als auch eine Herbizid-Toleranz aufweisen.
Mittlerweile sind sehr viele Patente auf verschiedene gentechnische Varianten der manipulierten Pflanzen angemeldet worden.
Einsparung von Pflanzenschutzmitteln?
In den USA wird argumentiert, dass die US-Farmer jährlich ca. 30.000 Tonnen Pflanzenschutzmittel beim Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen sparen. Es wird allerdings berichtet, dass inzwischen zunehmende Resistenzen gegen das Bt-Toxin auftreten. Bei vielen Genpflanzen müssen wieder Insektizide eingesetzt werden, weil Schädlinge resistent werden.
Die Vereinigten Staaten haben eine industrielle Landwirtschaft. Gegner der industriellen Landwirtschaft behaupten, dass in den USA Nahrungs- und Futtermittel mit schlechter Qualität produziert werden.
Eine kritische Untersuchung der Grünen im EU-Parlament kam zu dem Ergebnis, dass die Gentechnik der Landwirtschaft keine ökonomischen Vorteile bringt.
Das FOTO zeigt ein Beispiel von industrialisierter Landwirtschaft: Biogas-Anlage, die bei Madison im US-Bundesstaat Wisconsin entsteht; daneben riesige Kuhställe mit zigtausend Kühen.
Die Ernteerträge der in den USA praktizierten Gentechnik-Anbaumethoden sind nicht höher als in der normalen Landwirtschaft, wie sie in West-Europa angewandt wird. Bei Gentechniksaatgut bleibt jedoch weiterhin der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden hoch [4].
Der französische Forscher Séralini kam in einer neuen Studie von 2014 zu dem Ergebnis, dass Pestizide viel giftiger seien als von den Herstellern deklariert wird . Trotzdem argumentieren die großen Agrarkonzerne weiterhin, dass die wachsende Bevölkerung ohne Gentechnik nicht ernährt werden kann.
Auf einer Farmer-Tagung im Bundestaat Illinois im September 2013, fragte ein Saatgutunternehmer die Teilnehmer nach ihrem Beitrag zur Welternährung. Die Antworten der Farmer waren, sie würden vor allem möglichst viele Sojabohnen und Mais anbauen.
Charlie Arnot, der Direktor des Zentrums für Lebensmittelsicherheit, erklärte in einem Radiointerview: “US Bauern sind unglaublich stolz darauf, imstande zu sein, die Nahrung für den ganzen Globus zu liefern.”
Genmanipulierte Pflanzen zur Welternährung?
Kip Tom, einer der Großfarmer, der Mais und Soja auf 1000 Acres anbaut, gibt zu bedenken, dass die Bevölkerung wächst, die Farmer jedoch abnehmen. Deswegen sei es Pflicht der noch vorhandenen Farmer, die Welt zu ernähren. So etwas gehe nur mit einer neuen, besseren Technologie, mit GMO-Pflanzen und dem vermehrten Einsatz von Pestiziden.
Den Kritikern der industriellen Landwirtschaft ist das ein Dorn im Auge. Sie glauben, mit solchen Maßnahmen schade man nicht nur der Umwelt, sondern vor allem der menschlichen Gesundheit.
Margaret Mellon, Mitglied des Bundes für besorgte Umwelt-Wissenschaftler, deutet auf den Widerspruch hin, wenn man sagt:
“Wir müssen Pestizide benutzen. Ansonsten sind wir nicht in der Lage, die Welt zu ernähren. Dieses Statement hilft uns Laien nicht weiter, die Bedenken gegen eine industrielle Landwirtschaft auszuräumen. Es vertuscht eher die Tatsache, dass US-Bauern eben nicht das Essen der armen Leute produzieren.
40% der US-Maisernte werden für Bioethanol verwendet. Rund 98% des weltweit angebauten Sojas wird zur Tierfütterung verwendet. Lediglich zwei Prozent werden zu Lebensmitteln. Mehr Feldfrüchte anzubauen löst das Problem erst recht nicht. Vor allem, wenn unser Essen verrottet, bevor wir es auf den Markt bringen.”
Man muss auch bedenken, je mehr Lebensmittel die Bauern produzieren, umso billiger werden sie. Was durchaus gut für die ärmere Bevölkerung ist. Chinesische Schweine kommen damit zum Beispiel in den Genuss von Sojabohnen aus Brasilien und den USA. Nur deshalb können es sich Chinesen leisten, Schweinefleisch zu essen. Was wiederum ihre Ernährung verbessert.
Kehrseite der Billigproduktion
Es gibt auch eine Kehrseite, wie Prof. Christopher Barrett von der Cornell-Universität im Radio erklärte:
Wenn Mais billig ist, kaufen es arme Familien. Andere Lebensmittel, welche mehr Vitamine und Mineralstoffe enthalten, kommen damit jedoch nicht auf ihren Tisch. Man könnte eventuell mit Mais die Welt ernähren. Nur fehlernähren wir sie damit letztendlich.
In Umfragen stehen US-Bürger dem Konzept einer industriellen Agrarkultur eher negativ gegenüber. Quintessenz der Radio-Sendung war: Die Agrikultur-Lobby der USA sollte sich ein anderes Motto aussuchen. Etwas, was mit den amerikanischen Werten übereinstimmt. Dieses würde den Verbraucher weitaus besser überzeugen .
Heute wirken US-Agrarkonzerne in Brasilien und Argentinien. Amerikanische Biotechnologie hat Argentinien zum drittgrößten Welt-Soja-Produzenten gemacht. Um die Anbauflächen für Soja zu vergrößern, müssen Regenwälder abgeholzt werden.
Viel Gen-Soja und -Mais in Brasilien und Argentinien
Man ist der Auffassung, nur mit Hilfe von genetisch manipulierten Pflanzen eine intensive Landwirtschaft betreiben zu können. 95 Prozent der in Brasilien und Argentinien angebauten Sojabohnen sowie große Mais-, Getreide- und Baumwollanbauflächen sind genetisch manipuliert.
Indianer, die Ureinwohner des Landes, verlieren ihre Reservate. Sie dürfen bestenfalls als Tagelöhner auf den enteigneten Feldern arbeiten. Im Oktober 2013 konnte man in Zeitungen lesen, dass Argentinier erhebliche Gesundheitsprobleme haben wegen des Einsatzes von Agro-Chemikalien.
Die Regierung sieht keinen Zusammenhang. Sie war unter den ersten, welche die US-Agrobusiness-Methode förderte. 1996 begann in Argentinien die Industrialisierung der Landwirtschaft.
Die in St. Louis/USA basierte Agrarfirma Monsanto versprach einen höheren Ernteertrag durch den Anbau von genetisch manipulierten Pflanzen und dem damit verbundenen geringeren Einsatz von Pestiziden und Chemikalien.
Genmais-Resistenz gegen Unkrautspritzmittel
Die Farmer machten sich abhängig von Patenten und Herstellern, die das genveränderte Saatgut monopolartig vermarkten. Alte, regionale Saatgutsorten wurden zunehmend verdrängt. Anstatt mit der Aussaat zu warten, bis die auf die Bodenflächen aufgesprühten Herbizide und Pestizide eindringen, sparte man sich diese herkömmlichen Schritte und säte sofort aus.
Man spritzte erst später den Pflanzenbestand mit dem Herbizid Roundup. Genmais ist gegen dieses spezifische Unkrautspritzmittel resistent.
Die Soja-Anbaufläche hat sich allein in Argentinien mit 47 Millionen Acres verdreifacht. Wie in den USA werden Schweine und Rinder mit Soja gefüttert. Als Unkraut und Insekten resistent wurden, nahmen die Chemikalien um das Neunfache zu. Man schätzt, dass pro Acre 4,3 Pfund Spritzmittel verwendet werden. Das ist mehr als doppelt so viel wie in den USA.
Wachsende Gesundheitsprobleme durch Chemikalien
Tagelöhner, welche die Agrochemikalien vorbereiten, werden über die Giftigkeit der Substanzen nicht aufgeklärt. Sie benutzen keine Masken, Handschuhe oder Spezialkleidung. Die Spritzmittel lassen sich nicht auf die Agrarflächen begrenzen. Der vorgeschriebene Abstand zu Wohnvierteln und Schulen wird meistens nicht eingehalten.
Ärzte registrieren eine Zunahme von Gesundheitsproblemen. Vor allem sind die rund 12 Millionen Einwohner Brasiliens betroffen, welche in den riesigen ländlichen Gebieten wohnen.
Schulkindern wird in Santa Fe schlecht, wenn die Fenster ihrer Klassenräume geöffnet werden. Eine Studie der Nationalen Universität von Rosario, an der 65.000 Einwohner von Santa Fe teilnahmen, berichtet über die Vervierfachung der Krebsneuerkrankungen.
Wir sehen durchaus einen Zusammenhang mit den Agrarchemikalien, erläuterte Dr. Damian Verzenassi. Es werden zwar alle möglichen Toxizitätsstudien durchgeführt, noch nie sind jedoch die Interaktionen aller Agrarchemikalien zusammen untersucht worden. Ärzte fordern eine breitere, längere Studie, die Wissenschaftler unabhängig voneinander durchführen.
Globale Chemisierung: Vernichten wir uns selbst?
Ein Zusammenhang ist offenkundig. Die Regierungen sollten handeln und nicht auf einen absolut sicheren Beweis warten, dass die neu aufgetretenen Krankheiten wirklich zu 100% auf Agrarchemikalien zurückzuführen sind. Dieses fordern besorgte Wissenschaftler, die sich vereint haben, um gegen die Mißstände anzukämpfen [7].
(Aus: “Globale Chemisierung. Vernichten wir uns selbst?” - E-Book: ASIN: B00GPW1CR2, Erschienen: November 2013, Paperback: ISBN-13: 978-0615926650, ISBN-10: 0615926657, 252 Seiten, Scivias Verlag, ca. 14,75 EUR, erscheint Februar 2014. Erhältlich bei Amazon oder anderen Retailern).
In einem Bericht der Zeitung Arizona Republic vom 15. Februar 2014 mit dem Titel “Labels for altered Foods?” heißt es:
“Obwohl die GMOs so gut sind wie die Muttermilch, wollen sie einige Leute trotzdem nicht, weil sie besorgt sind, dass durch ihren Anbau auch nützliche Insekten vernichtet werden.
1997 verlangte die Europäische Union die Kennzeichnung von GMO-Food. Heute ist diese Kennzeichnung wieder verschwunden.
Das liegt jedoch nicht daran, weil Brüssel genetisch manipulierte Nahrungsmittel verboten hat. Die EU ist nicht gegen genetisch manipulierte Lebensmittel. Aber viele Europäer bezeichnen GMO-Lebensmittel als “Teufelszeug”. Und weil Lebensmittelläden keinen Absatz haben, wurden gentechnisch manipulierte Nahrungsprodukte wieder aus den Regalen genommen.
In Wirklichkeit handelt es sich bei der ganzen Diskussion um Genfood nur um eine riesige Kampagne, die auf purer Desinformation aufbaut”.
[1] Seralini G. E.: Controversial effects on health reported after sub chronic toxicity test: a confidential rat 90 day feeding study. Report on MON 863 GM mais produced by Monsanto Company, June 2005 [2] FAZ.: Rattenfotos gegen Gentechnik. 28.10.2013 [3] Kotte A., Müller H. und Dwehus J.: USA steigert GVO-Anbau erneut. AgrarHeute, Allgemein, 11.07.2013 [4] Liebrich S.: Mehr Gift, weniger Ertrag. Süddeutsche, 23. Januar 2014 [5] Maaß S.: Pestizide angeblich viel giftiger als deklariert. Die Welt, 31. Januar 2014 [6] Charles D.: Americans farmers say they feed the world, but do they? Boston’s NPR news station, 17. September, 2013 [7] Warren M. und Pisarenko N.: Argentines blame health problems on agrochemicals. Wisconsin State Journal, Monday, October 21, 2013 FOTOS: Dr. E. Breburda