Gefährliches Verfahren der Gewinnung, viele ethische Probleme
Von Dr. Edith Breburda
MADISON, 19. August 2011 (ZENIT.org). - Die Forschung mit embryonalen Stammzellen gilt nach wie vor als das Non plus Ultra der modernen Medizin. Die sogenannten pluripotenten embryonalen Stammzellen, die durch Zerstörung eines Embryos gewonnen werden, besitzen rein theoretisch das Potential sich in alle 220 Zelltypen des Körpers zu verwandeln. Forscher sind jedoch nach eigenen Angaben noch weit davon entfernt, embryonale Stammzellen in Organ- oder Nervenzellen zu verwandeln. Organe für Transplantate sind rar, adulte Stammzellforscher sehen den kürzeren Weg zum erwünschten Erfolg darin, adulte Stammzellen direkt in andere Körperzellen zu verwandeln. Ein Schritt der in der Medizin bereits angewandt wird, denn man hat festgestellt, dass auch adulte Stammzellen eine gewisse Plastizität besitzen, die man bisher nur embryonalen pluripotenten oder induzierten pluripotenten Stammzellen zugeschrieben hatte. Bevor man jedoch die Differenzierung der Zellen erforschen kann, egal ob man embryonale oder induzierte Stammzellen heranzieht, muss man sehr viele Hindernisse überwinden. Bei induzierten Stammzellen nimmt man ausdifferenzierte Organ- oder Hautzellen und dreht die Uhr zurück, bis sie wieder fähig sind, sich in alle 220 Zellen zu differenzieren. Allerdings wird die Rückverwandlung der bereits ausdifferenzierten Zellen durch das sogenannte epigenetische Gedächtnis blockiert. Diese Blockade zu lösen ist fast unmöglich. Daher ist die Anzahl von induzierten Zellen sehr klein.
Dr. Hwang aus Süd Korea, bekannt durch den größten Forschungs-Skandal, nahm für seine Versuche frische Eizellen. Forscher sehen darin die Überlegenheit der humanen embryonalen Stammzellen gegenüber den „ethisch unbedenklichen" induzierten pluripotenten Stammzellen. Die humane embryonale Stammzellforschung benötigt humane Eizellen. Dr. Hwang wurde zu Fall gebracht, weil er Eizellen „ethisch nichtakzeptabel" von Mitarbeiterinnen gewonnen hatte.
Bioethiker der USA streiten sich darum, ob man Eizellspenderinnen vergüten solle oder nicht. Eine Eizellenentnahme ist sehr aufwändig. Die Eizell-Spenderin verbringt etwa 50 Stunden in ambulanter Behandlung mit Bluttests, Ultraschalluntersuchungen, Hormon-Injektionen und am Ende mit der nicht ungefährlichen Eizellentnahme. Die Eierstöcke werden mit Follikel-stimulierenden Hormonen angeregt. Dabei reifen mehrere Eizellen heran. Mit zunehmender Stimulation nehmen allerdings auch die Komplikationen zu, wie z. B. das lebensbedrohliche Hypersimulationssyndrom, das bei der Spenderin zu Nierenversagen, Thromboembolien, Atembeschwerden, Unfruchtbarkeit und Tod führen kann. Mit hohen Hormongaben werden mehr Eizellen mit Chromosomenanomalien gebildet. Angestrebt wird eine Stimulation die zu 10-15 Eizellen führt. Judy Norsigian, die Direktorin einer US-Frauen-Gesundheitsorganisation, genannt „Our Bodies Ourselves", ist besorgt, dass man Spenderinnen alle diese Risiken verschweigt, aus Angst, dass sich weniger freiwillige Spenderinnen melden (Breburda, Promises of New Biotechnologies, Kindle Amazon Ebook, 2011).
Wissenschaftler versuchen seit langer Zeit, Ei- und Samenzellen im Labor herzustellen. Nicht nur, um fundamentale Fragen der Reproduktionsmedizin besser zu verstehen, sondern auch, um neue Wege zu gehen, um unfruchtbaren Paaren zu helfen, oder auch, damit die Stammzellforschung nicht mehr von Spenderinnen abhängig ist. Am 4. August 2011 veröffentlichte das Science Magazin einen Artikel von D. Normille mit dem Titel: „Sperm Made (Mostly) in a Dish Produce Normal Mice." Embryonale und induzierte Stammzellen können sich theoretisch auch in Ei- und Samenzellen umwandeln. Viele Wissenschaftler hatten bei diesen Umwandlungs-Experimenten in den letzten Jahren allerdings keinen Erfolg.
Jetzt ist es einem Team der Kyoto Universität in Japan gelungen, einen Weg zu finden, Mäuse-Samenzellen aus embryonalen Mäusezellen zu gewinnen, welche erfolgreich Nachwuchs erzeugten. Diese Forschungsergebnisse könnten in ferner Zukunft dazu führen, die männliche Unfruchtbarkeit einzudämmen, berichtete Mitinori Saitou, der Chef des Kyoto-Teams. Ei- und Samenzellen entwickeln sich aus sogenannten Keimzellen, die schon in einem sehr frühen Stadium im Embryo vorhanden sind. Zu embryonalen Stammzellen gaben die Forscher ein Gemisch aus Eiweißen und Wachstumshormonen, um keimzellenähnliche Zellen zu gewinnen. Diese Keimzellen wurden in den Hoden von unfruchtbaren Mäusen gepflanzt und daraus entwickelten sich normale Samenzellen mit denen man Mäuse-Eizellen befruchtete und in Leihmuttertiere pflanzte. Die daraus entstandenen Mäuse waren fähig, sich weiterhin fortzupflanzen. Saitou erklärte, dass noch viele Hürden zu überwinden seien. Letztendlich wolle man auch Eizellen im Labor züchten. „Wir müssen sehen, ob unser Mäuserezept auf den Menschen übertragbar ist", erklärte Saitou. Die bisherige Praxis zeigt jedoch, dass viele Experimente nur bei der Maus gelingen, aber niemals bei Menschen.
*Die Autorin ist als Biomedizinexpertin in Madison, der Metropole der US-Stammzellenforschung, tätig. Im deutschen Sprachraum veröffentlichte sie neben der Autorentätigkeit für die Lebensschutzorganisation ALfA unter anderem das Buch:
Edith Breburda: Die Verheißungen der neuesten Biotechnologien, Stein am Rhein, Christiania Verlag 2010.
Edith Breburda: Die Verheißungen der neuesten Biotechnologien, Stein am Rhein, Christiania Verlag 2010.
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