Assistierte Reproduktion und Pränataler Fetozid
von Dr. Edith Breburda
NEW YORK, 31. August 2011 (ZENIT.org). - Die New York Times veröffentlichte am 10. August 2011 einen Artikel über Jenny. Eine eigentlich ganz normale Familienmutter, die im Alter von 45 Jahren noch einmal ein Kind bekommen wollte, obwohl ihre älteren Kinder schon fast flügge geworden waren. Seit sechs Jahren experimentierten Reproduktionsmediziner an ihr herum. Jenny kann ein Lied singen von Hormoninjektionen, Eizellen, die sie von einer Eizellspenderin aussuchte, da sie selber schon im vorgerückten Alter war, und vor allem über die hohen Rechnungen der Fruchtbarkeitskliniken. Oft war sie bitter enttäuscht. Doch jetzt war sie schwanger und in der 14. Woche. Es hatten sich zwei Embryos eingenistet.
Reproduktionsmediziner hatten Leben „kreiert", was auf natürlichem Wege nicht mehr möglich zu sein schien. Paradoxerweise hatten sie zu viel Leben kreiert und vor allem eine Mehrlingsschwangerschaft. Ein Ausweg war, das „überzählige" Baby intrauterin zu töten. Man spricht von Embryonenreduktion, rein technisch handelt sich um eine selektierte Abtreibung. Auch Jenny und ihr Mann trafen die Entscheidung eines der beiden gesunden Feten mit einer Kaliumchlorid (Potassium Chloride) - Injektion abtreiben zu lassen. In den USA werden auch zum Tode Verurteilte mit einer Kalium-Chlorid-Injektion exekutiert.
Jenny beschreibt sich selbst als eine gute Mutter, aber Zwillinge würden ihre Kräfte bei weitem übersteigen und ihren schon fast erwachsenen Kindern würde die mütterliche Liebe nicht mehr so zuteil werden, wenn sie sich um zwei Babys kümmern müsste. Sie wollte ein Kind, das sie und ihr Mann doch irgendwie selber geschaffen hatten, wenn auch auf medizinisch-technischem Wege. Gemeinsam suchten sie eine Eizellspenderin, die Eizellen wurden dann mit dem Samen des Ehemannes befruchtet und schließlich in Jennys Uterus eingebracht. Sie hatten von Anfang an die Kontrolle über diese Schwangerschaft und sich nur für ein Kind zu entscheiden war konsequent. „Wenn wir 15 Jahre jünger wären und auf natürliche Weise Zwillinge empfangen hätten oder finanziell besser gestellt wären, hätten wir niemals einen Zwilling abtöten lassen. Zu einem „natürlich" empfangenen Kind hat man einen anderen, nicht so fremden Bezug. „ Niemals hätten wir auch nur entfernt daran gedacht, da hineinzupfuschen", bemerkte Jenny gegenüber der New York Times Reporterin Ruth Padawer.
Jenny räumte ein, dass sie Schuldgefühle habe. Sie und ihr Mann würden niemandem von der Tötung des Zwillings erzählen.
Ärzte und Klinikpersonal, die ein Zwillingskind selektieren und töten, sind verunsichert. Sie fühlen sich unwohl, selbst wenn sie sonst nichts gegen Abtreibung einzuwenden haben. Vielleicht erinnern sie sich an die Studie: „Wired to Be Social: The Ontogeny of Human Interaction" vom 7. Oktober 2010 (PLoS one). Dr. Umberto Castiello von der Universität Padua berichtet hier von Zwillingen, die bereits in der 14. Schwangerschaftswoche zueinander Kontakt aufnehmen und sich gegenseitig beeinflussen. Sie haben Kenntnisse über ihr Umfeld und wissen, dass sie nicht alleine im Uterus sind.
Die heutige Gesellschaft sieht Kinderlosigkeit als Krankheit an und künstliche Befruchtung als Therapie. Aber was ist das für eine Behandlung, wenn Reproduktionsmediziner Mehrlings-Schwangerschaften „reduzieren"? Künstliche Befruchtung führt oft zu Mehrlings-Schwangerschaften, da man mehrere Eizellen befruchtet, in der Hoffnung, dass sich wenigstens eine in der Uterus-Schleimhaut einnistet. Die Uterusschleimhaut selbst wird durch Hormone vorbereitet. Neueste Forschungen zeigen, dass sich ein Embryo besser einnistet, wenn die Gebärmutterschleimhaut dicker ist. Verhütungsmittel bewirken eine Verdünnung der Uterusschleimhaut und verhindern damit eine Einnistung zwischen dem 7-9 Lebenstag. Reproduktionsmedizinische Techniken, die zum Kinderbekommen (IVF) oder Nichtbekommen (Kontrazeptiva) eingesetzt werden, sind im Allgemeinen mit einer sehr hohen „Verlustrate" bzw. „Sterberate"- verbunden. Die „Behandlung" von Megaschwangerschaften bedeutet einen selektiven Embryozid bzw. Fetozid. Argumentiert wird, dass durch Mehrlingsschwangerschaften das Leben aller Kinder und eventuell der Mutter gefährdet würde. Man nimmt die Tötung Unschuldiger in Kauf, damit letztlich ein Kind geboren werden kann. Es wird behauptet, auf diese Weise Menschenleben zu retten.
Die Kirche bezeichnet in dem Dokument Dignitas Personae die „In Vitro Fertilisation“ als Quelle aller ethischen Probleme. Sie betrachtet die „Intrauterine Selektive Reduktion“ von Ungeborenen als eine Unrechtssituation, die durch die IVF geschaffen wurde. Der Mensch selbst hat durch sein Handeln bewirkt, dass es zu Mehrlingsschwangerschaften kommt. Die Tötung eines Kindes kann damit nicht gerechtfertigt werden.
Unfruchtbare Ehepaare stehen der Reproduktionsmedizin mit einer gewissen Konsumenten-Einstellung gegenüber. Man könnte fast meinen, es herrsche die unterschwellige Meinung, „wer zahlt schafft an". Das Kind wird zum Objekt herabgewürdigt. Seine Entstehung beruht auf dem Wunsch der Eltern. Durch die Erzeugung eines Embryos im Labor scheint die Würde und Achtung vor dem beginnenden menschlichen Leben verloren gegangen zu sein. Dignitas Personae betont die „unveränderliche Würde und den Wert jedes einzelnen unwiederholbaren Menschen, der ins Leben gerufen worden ist".
Der US- Mediziner Dr. Hunnell schreibt am 17. August 2011: „IVF turns pregnancy into a shopping expedition.. with deadly results", dass einige Ehepaare nicht zur biologischen Elternschaft berufen sind. „Gott verlangt von uns niemals, etwas Unmoralisches zu tun, um unserer Berufung gerecht zu werden. Wenn einige nur durch reproduktionsmedizinische Maßnahmen Eltern werden können, dann trifft auf solche Ehepaare die Berufung zu einer biologischen Elternschaft nicht zu.“
*Die Autorin ist als Biomedizinexpertin in Madison, der Metropole der US-Stammzellenforschung, tätig. Im deutschen Sprachraum veröffentlichte sie neben der Autorentätigkeit für die Lebensschutzorganisation ALfA unter anderem das Buch:
Edith Breburda: Die Verheißungen der neuesten Biotechnologien, Stein am Rhein, Christiania Verlag 2010.
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