Edith Breburda
New York. Zwei
Wissenschaftler werden für ihre wegweisenden Arbeiten mit dem Nobelpreis
geehrt. Ausdifferenzierte Zellen, in ihrem Fall Hautzellen, konnten in
pluripotente embryonalähnliche Stammzellen reprogrammiert werden. Ein Verfahren,
das Alternativen für humane embryonale
Stammzellen bietet, bei deren Gewinnung der Embryo getötet wird. Selbst
routinierte Forscher benötigen zur Erzeugung einer einzigen Stammzellinie bis
zu 30 Embryos. Die Arbeit des Briten Gurdon und des Japaners Shinya Yamanaka-
der in dem Jahr geboren wurde als Gurdon seine Entdeckung machte- weckt Hoffnungen
in Zukunft Krankheiten wie Parkinson oder Diabetes mit Zellen des eigenen Körpers
heilen zu können. Gurdon, 79 und Yamanaka, 50, haben gezeigt wie man
pluripotente Stammzellen herstellt, ohne dass man Embryos dafür töten muss.
Weil induzierte pluripotente Zellen ethisch weitaus weniger bedenklich sind,
wird ihnen eine grosse Zukunft vorausgesagt. Trotzdem wird mit humanen
embryonalen Stammzellen für Vergleichszwecke weiter geforscht. Sie bleiben der
Goldstandard. Stammzellforscher hoffen eines Tages so weit zu sein aus
pluripotenten Stammzellen ausdifferenzierte
Körperzellen, wie z. B. Nieren oder Nervenzellen herstellen zu können. 2007
hatten Yamanka und der US-Tiermediziner der Universität von Madison Prof. J. Thomson unabhängig
voneinander ihre Entdeckungen verkündet, Hautzellen zu Stammzellen reprogrammiert
zu haben. Man wundert sich warum nicht auch
Thomson den Nobelpreis erhielt. "Yamanaka machte die Entdeckung an Mäusen
ein Jahr vor mir. Er hat somit einen Präzedenzfall geschaffen", erklärte
Prof. Thomson dem Wisconsin State
Journal bereits 2008.
"Gurdons und
Yamanaka's mutige Experimente fordern die wissenschaftliche Grundlagenforschung
heraus", sagte Doug Melton, Co-Direktor des Harvard-Stammzellen-Instituts
in Boston. Das Nobelpreis Komitee in Stockholm bezeichnet die Arbeiten als revolutionär,
da sie das Verständnis für das Zellwachstum und die Organismenbildung selbst
erweitern. Gurdon zeigte 1962 wie man aus Froschhautzellen neue Kaulquappen
klonen kann. Ein Prozeß der 1997 angewendet wurde um das Schaf Dolly zu klonen.
Gurdon erklärt Reportern in London gegenüber, seine Entdeckung hätte damals
keinen klaren therapeutischen Einfluß gehabt, sie diente auch nicht einer Behandlung.
Es dauerte fast 50 Jahre bevor ein potentieller Nutzen daraus entstand. Erst
2007 nutzte Yamanaka und sein Team das gleiche "Rezept" und zeigten
das Mäuse-Hautzellen in pluripotente Stammzellen zurückgebildet werden können
aus denen nun wieder alle verschiedene
Zellarten entwickelt werden könnten (K. und M. Ritter, Nobel Prize Stem cell,
cloning work take honors Wisconsin State Journal 9. Oktober 2012).
Letzte Woche
berichteten Wissenschaftler aus Kyoto über Mäuse-Hautzellen die sie so
manipulierten, dass diese wieder zu Eizellen werden. Eingepflanzt in eine Leihmutter
entstanden Mäuse-Babys. Ein
derartiges Verfahren könnte der Fruchtbarkeitsbehandlung zugute kommen,
berichten die Zeitungen. Man bediente sich der induzierten pluripotenten
Methode des Japaners Shinya Yamanaka.
Forscher entnahmen
eine Hautzelle und drehten den Entwicklungsvorgang ihres Zellkerns zurück. Die
ausdifferenzierte Hautzelle wurde reprogrammiert. Hautzellen sind ausgereift
und diploid. Man kann sagen, die Zeituhr im Zellkern einer Hautzelle wird
einfach zurückgesetzt. Allerdings ist man bis jetzt nicht in der Lage soweit
zurück zu gehen, dass die Zellen wieder haploid werden, d.h. so haploid wie der
Kern einer Ei- und Samenzelle. Wissenschaftler der Kyoto Universität in Japan
berichteten am Donnerstag, dem 4. Oktober 2012 im Science Magazin online über
das Mäuse-Experiment. Sie reprogrammierten Hautzellen von Mäusen bis zu dem
Stadium, wo sie embryonalen Zellen ähnlich sind. D.h. den Zellen die man einem
Embryo am 5. Tag seiner Entwicklung entnimmt und ihn dabei abtötet. Da man aber
nicht weiss wie man derartige pluripotente Zellen, die man entweder einem
Embryo entnimmt oder zurück programmiert, wieder neu entwickelt, bedient man sich eines Tricks. Die Wissenschaftler
von Kyoto vermischten die reprogrammierten Zellen mit Mäuse-Eierstockzellen und implantierten dieses Gemisch
in den Eierstock von Mäusen. Nach 4 Wochen entnahmen sie das Eierstock- Gewebe
wieder und hatten so unreife Eizellen gewonnen. Diese liess man im Labor
nachreifen, mit Samenzellen von Mäusen befruchten und in ein surrogates
Muttertier einpflanzen. 3 Mäuse-Babys wurden so gewonnen. Diese wiederum wurden
normal befruchtet und warfen dementsprechend Jungtiere.
Ein derartiges
Verfahren macht man sich generell zunutze damit sich aus pluripotenten embryonalen oder induzierten Stammzellen verschiedene
Zelltypen entwickeln. D.h. vereinfacht gesagt, wenn man z.B. eine Nierenzelle
haben will, implantiert man humane embryonale Stammzellen in die Niere einer
Maus und läßt das umgebende Organ die Arbeit tun (siehe auch Verheißungen der
neuesten Biotechnologien, Kindle E-Book).
Dr. Katsuhiko
Hayashi, ein Mitarbeiter der japanischen Studie räumt ein, dass das Verfahren
viel zu mühselig und ineffizient ist um bei Menschen angewendet zu werden.
Von der Maus zum
Menschen ist ein langer Weg. Man weiss, dass Verfahren die erfolgreich bei der
Maus wirken nicht beim Menschen arbeiten. Oder dort gerade das Gegenteil bewirken
(Promises of New Biotechnolgies, ISBN, Ean 13 0615548288 /
9780615548289).
"Das Ganze bleibt wahrscheinlich nur eine Vision der Technik",
sagt Dr. Hayashi. "Die biologischen Unterschiede werden wir nie
überwinden. Auch wenn wir als Ausgansmaterial Hautzellen nehmen und diese
zurückentwickeln, müssen wir generell mehr darüber wissen wie Eizellen gebildet
werden und das ist immer noch ein Mysterium".
Die Schwierigkeiten sind sehr groß. Viele Wissenschaftler zweifeln, ob sie diese
jemals überwinden können. Andere sind wiederum optimistischer, oder utopischer?
Man spekuliert, dass man auf diese Weise Millionen von Frauen zum eigenen Kind
verhelfen könnte. Der biologischen Uhr der Frau, wie auch ihrer Unfruchtbarkeit
könnte man damit entgegenwirken. Technische wie auch ethische Gründe lassen allerdings
daran zweifeln, ob ein derartiges Verfahren in der nahen Zukunft realisiert
werden kann.
Dr. Greely, Juraprofessor in Standford glaubt, dass wir in 20 bis 40 Jahren
soweit sind. "Ehepaare die bestimmte Eigenschaften in ihren Kindern haben
wollen müssen sich nicht mehr der
gefahrvollen Prozedur der eigenen Eizellgewinnung unterziehen, sondern nehmen
lieber eine Hautzelle. In der Zukunft werden so Eizellen gewonnen und auf
genetische Defekte analysiert. So wird man viel besser wählen können, welches
Kind man sich einpflanzen läßt. Auch erwünschte Eigenschaften wie blaue Augen
oder sportliche Talente könnten ausgewählt werden".
Debra Mathews vom John
Hopkins Berman Bioethischen Institut bezweifelt, dass jemals ein Markt für
derartige Verfahren vorzufinden sein wird. "Und die Menschen werden auch
nicht aufhören Geschlechtsverkehr zu haben. Ich würde die Sicherheit der
Methode in Frage stellen", gibt Lawrence Goldstein, Direktor des
Stammzellforschungs-Programms der Universität von Kalifornien in San Diego zu
bedenken. "Es sieht aus als würden wir an solchen Kindern
herumexperimentieren".
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