Dr. med.vet. Edith Breburda
Wir haben
eine Technik, welche uns die Möglichkeit bietet, krankhafte Gene in Mensch,
Tieren und Pflanzen gegen gesunde „einzutauschen“.
Mit der
sogenannten CRISPR/cas9 werden lebende Zellen und Organismen editiert, was uns ermöglicht, Krankheiten zu heilen oder neue Pflanzen
auf den Markt zu bringen. Es ist ein Verfahren, welches DNA-Bausteine im Erbgut
einfach und präzise verändern kann.
Dir Frage ist aber: Sollen wir alles tun dürfen, wozu wir
in der Lage sind? Und wo sind die Grenzen bzw. wer überwacht die Anwendung
moderner Biotechnologien?
Keiner würde
es abwegig finden, wenn Floristen aus markttechnischen Gründen eine Blume in
einer anderen Farbe als der natürlichen anbieten
wollen.
Auch wenn
Europa genetisch modifizierten Organismen skeptisch gegenüber steht, ermöglicht
uns die Gentechnik, ein Produkt auf den Markt zu bringen, das sich nicht
reproduzieren kann und somit nicht in die freie Natur entweicht.
Wissenschaftler
ließen im Juli 2017 die erste blaue transgene Chrysantheme erblühen. Wirklich
blau blühende Blumen kommen sehr selten in der Natur vor.
Botaniker haben
durch das Einfügen zweier Gene ein Novum geschaffen. „Das ist ein großer
Erfolg“, sagt Toru Nakayama, ein Pflanzen Biochemiker von der Tohoku
Universität in Sendai, Japan. „Es gibt sehr populäre Blumen, sie haben nur ein
Manko, sie existieren nicht in der blauen Farbe.
Jetzt müssen
wir die Blumen nicht mehr künstlich verfärben.“
Die
königliche Horticultural-Gesellschaft bestätigt die Seltenheit der Farbe. Oft
denken wir, eine Blume ist blau, aber in
Wirklichkeit ist sie violett. Viele Gärtner und Floristen verlangen nach einer
blauen Blume:
„Eine blaue
Rose gibt es bis jetzt noch nicht. Seit langem haben wir versucht, sie zu erschaffen, aber wir waren erfolglos“,
sagt Dr. Thomas Colquhoun, von der Universität Florida in Gainsville.
Um diese
Farbe zu erzeugen, muss man viele chemische Schritte unternehmen. Man erzielte
keinen Erfolg, indem man einfach nur Pigment
Gene aus anderen Pflanzen inserierte.
Dr. Nanobu
Noda, Pflanzenbiologe der Nationalen Agrikultur und Food Research Organisation
in Tsukuba, Japan, hatte dennoch Erfolg. Er
inserierte ein Gen der bläulichen Canterbury
Bell Blume in das Genom der Chrysantheme, was sie violett erschienen ließ.
Um die Zucker-Moleküle der Anthocyanin-Derivate, die bei einer Blume für die
Farbe verantwortlich sind, weiterhin zu manipulieren, nahm man eine
blaublühende Erbse aus der Gattung der Schmetterlingsblütler. Dies zwei Gene
reichten aus, den besten Blauton zu erreichen.
„Es war mehr
Glück“, erklärt Dr. Colquhoun, gegenüber dem Science
Magazin. „Zumindest haben wir nun den Bauplan, um diese Farbe herzustellen und
das ist ein Erfolg“ (1).
Geht es nicht
immer um den Bauplan? Besonders dann, wenn wir erbkranken Eltern zu einem
gesunden Kind verhelfen wollen?
Im Jahr 2015
publizierten chinesische Wissenschaftler, dass sie zum
ersten Mal einen menschlichen Embryo genetisch manipuliert zu haben.
Seitdem
warteten viele auf Verlautbarungen aus den USA, hierzu
ebenfalls in der Lage zu sein.
Die
Amerikanische Fachzeitung MIT Technology
Review verkündete in der Nacht vom 26. Juli 2017, dass die USA einen
Schritt weiter gekommen sind, eine Genom-Editierung
im menschlichen Embryos durchzuführen.
Der
Embryologe Dr. Shoukhart Mitalipov von der Health und Science Universität in
Portland, USA, berichtet jedoch nicht über die
Probleme, welche eine Geninsertion mit sich bringen.
Bei allen
vorhergehenden Versuchen wurde das Gen nicht komplett im menschlichen Genom
inseriert und zudem fand man es an einer Stelle, wo man es eigentlich gar nicht
haben wollte.
Ob Mitalipov
diese Hürden überwinden konnte, ist nicht klar. Es handelt sich um ein Paper,
welches noch nicht veröffentlicht wurde. Deshalb enthielt sich der Forscher
eines Kommentares.
„Wenn es ein
zum Druck akzeptierter Artikel in die
Schlagzeilen der Medien schafft, ist das ein gewaltiger Schritt in die
Richtung, dass diese Methode recht bald klinisch eingesetzt werden kann“, sagt
Jeffrey Kahn von der Hopkins Universität in Baltimore, Maryland. Der Professor
ist ein Mitglied der US-Nationalen-Akademie der Wissenschaften und der
Nationalen–Medizin-Akademie in Washington, D.C./USA.
„In ganz
wenigen Fällen ist eine Genomeditierung am menschlichen Embryo ethisch erlaubt“,
hieß es in einer Verlautbarung Anfang 2017.
Für die im
Jahr 2015 stattgefundenen Versuche wurden Embryos benutz, die nicht lebensfähig
waren. Man tauschte ein Gen, welches für die seltene Blutkrankheit beta-Thalassemia
verantwortlich ist, gegen ein gesundes aus. Allerdings waren die Ergebnisse
alles andere als das, was sich die Wissenschaftler vorstellten. Anstatt des
neuen Genes, fand man nun gesunde und kranke Gene an der Stelle wo man sie
einsetzte. Aber nicht nur dort, manchmal waren sie ganz woanders im menschlichen
Genom gefunden worden (2).
Wissenschaftler
der Universität in Guangzhou berichteten Anfang März 2017, die „Nebeneffekte“
der Geninserierung beseitigt zu haben. Trotzdem zeigten einige das gehabte
Bild, was man auch Mosaicism nennt. Sie
benutzten lebensfähige humanen Embryonen, wobei keines der so „geheilten“
Embryos in den Uterus einer Frau eingepflanzt wurde.
US-Forscher,
die mit der Arbeit von Mitalipov vertraut sind, gaben
an, zehn Embryos ohne Mosaicism
„hergestellt“ zu haben. Sie manipulierten das Genom gleich nach seiner
künstlichen Befruchtung, solange sich der Embryo noch im Einzellstadium befand.
Ob Mitalipov
die gleiche Methode benutzte, ist nicht bekannt. Zumindest bekamen diese
Forscher keine Regierungsgelder. Der US-Amerikanische Kongress verbietet es, Steuergelder
für Forschungszwecke zu benutzen, bei denen menschliche Embryos zerstört werden.
Chinesische
Forscher zweifeln wegen der Bildung von Mosaicism
mittlerweile daran, ob die CRISPR Methode für die Gen-Inserierung die richtige
ist, um „gesunde“ Babys zu erzeugen.
„Es ist
trotzdem bemerkenswert, dass wir nun wissen, wie wir vorgehen müssen und
Embryos im Einzellstadium für bestmögliche Erfolge “behandeln“ sollten. Zum Einsatz kommt die Methode wahrscheinlich
nicht so schnell“, erklärt Dr. Michael Werner, Direktor der Alliance für
Regenerative Medizin. 2015 behauptete er noch: „Von
einem Editieren von Erbgut sei wegen Ethischen- und Sicherheitsgründen Abstand
zu nehmen.“
„Doch auch
jetzt haben wir noch lange nicht die Sicherheitshürden überwunden“, fügt er nun
hinzu.
Die US.-Nationale-Akademie
der Wissenschaften versichert: „Viele Erbkrankheiten werden von vornherein
ausgeschaltet, weil der Mutter nur erbgesunde Embryos eingepflanzt werden.
Eine
Genomeditierung sei nur dann ethisch gerechtfertigt, wenn es der einzige Weg
für ein Ehepaar ist, ihr eigenes Kind zu
bekommen.“
Die Versuche
mit humanen Embryos wurden demnach zu dem alleinigen Zweck unternommen, eine
Methode der Geneditierung in menschlichen Keimbahnzellen zu evaluieren. Es handelt
sich um einen irreversiblen Schritt. Alle Nachkommen des so entstandenen Kindes
werden dieses neu inserierte Gen weitervererben. Man ist sich dessen bewusst,
deshalb pocht man - wie Dr. Michael Werner - so auf die „Sicherheit der Methode“.
China, wo die
ersten Versuche 2015 stattfanden, unterliegt dem Diktat eines moralischen
Relativismus. Diese Haltung teilen viele Universitäten in einer demokratischen
Rechtsordnung. Sie sehen Moral als relativ an. Nur die Absicht oder die
Umstände rechtfertigen das jeweilige Handeln.
Um erbkranken
Eltern durch moderne Reproduktionsmedizin zu helfen, nimmt man in Kauf, hunderte
andere Embryos dafür zu töten.
Wenn ethische
Entscheidungen auf Emotionen aufbauen, gibt es keine Tabus mehr. Stattdessen öffnen
wir Tor und Tür für eine Forschung, die zu Kosten der Umwelt und unsere
Mitmenschen betrieben wird und rechtfertigen dies mit Wettbewerbsfähigkeit und
Innovation
Doch der US-Kongress
hat es der Amerikanischen Food und Drug Administration - was unserer Arzneimittel-Behörde
entspricht – verboten, klinische Studien über Genomeditierten an humanen
Embryos auch nur zu begutachten (3).
Literatur:
1) Pennisi E.: Scientists
genetically engineer the world’s first blue chrysanthemum. Science, 26. 7. 2017
2) Breburda E.: Reproduktive
Freiheit, free for what? ISBN 13: 978-0692447260,
ISBN-10: 0692447261 Scivias, 2015
3) Servick K.:
First U.S. team to gene-edit human embryos revealed. Science, 27. 7. 2017
Dr. Edith
Breburda’s Buch: “Felix
the Shrine Cat,” wurde am 23. Juni 2017 von der Catholic Press Association
der USA und Kanda als drittbestes Kinder-/ Teenager Buch ausgezeichnet.