Saturday, October 6, 2018

Justice Brett Kavanaugh - der lange weg zum Obersten Gerichtshof der USA


Dr. Edith Breburda
Nicht zufällig erklärte das Oxford Wörterbuch post-truth zum Schlagwort von 2016. Wir leben in einem Zeitalter der Post-Truth-Wissenschaft. Damit will man sagen, dass Werte wie Ehrlichkeit, Wahrheit und Seriosität nicht mehr viel mit Forschung zu tun haben.
Doch nicht nur auf diesem Gebiet wurden moralischen Aspekte über Bord geworfen. Viele waren entsetzt, als der US-Senat die Anhörung über den zum Bundesrichter vorgeschlagenen Brett Kavanaugh durchführte. Bisher galt man so lange als unschuldig, bis das Gegenteil erwiesen wurde. 
Supreme Court, Washington, 10/2/2018

Doch Ende September 2018 scheint dies keine Rolle mehr zu spielen. Im Gegenteil, der Kandidat galt als schuldig und sollte seine Unschuld beweisen. Man verlangte von ihm, das zu tun, was eigentlich die Aufgabe des Anklägers war.
Amerikaner fragten sich insofern, ob sie im September ihre Verfassung verloren haben und ob nun eine bloße Anschuldigung reicht, um hochgebildete Experten und ihr Familie zu denunzieren. Selbst der Präsident vermerkte dazu: <Es ist eine beängstigende Zeit für junge Männer in Amerika. Man kann angeklagt werden, bevor man seine Unschuld bewiesen konnte (1).>
Viele Amerikaner waren sehr entrüstet darüber, dass der Vorwurf einer sexuellen Nötigung als Waffe missbraucht wurde. Man fällte bereits ein Urteil vor dem Prozess und ruiniert die ganze Karriere und das Ansehen eines bisher unbescholtenen Juristen.
Am Ende interessieren nur noch Emotionen und nicht der Befund der herbeigerufenen Staatsanwältin Mitchell, die erklärte, dass sie die Vorwürfe der Anklägerin für nicht als hinreichend belastbar hält, um sie weiter zu verfolgen.
Der nominierte Richter Kavanaugh ist konservativ und würde damit einer Mehrheit im Obersten Gerichtshof in Schlüsselfragen wie Abtreibung oder Todesstrafe für die nächsten Jahre die entscheidende Rolle spielen. Fachlich ist er bestens für die Stelle geeignet.
Doch seine Pro-life-Anschauung ist jenen, die seine Ansichten nicht teilen, ein Dorn im Auge. Deshalb versuchten Aktivisten, Kavanaughs Benennung mit einer Schmutzkampagne zu stoppen.
Man vergisst allzuleicht, dass ein Richter nicht nach seinen eigenen Ansichten handeln darf, sondern das zu tun hat, was die Verfassung verlangt -und bisher konnte niemand als schuldig angesehen werden, ohne dass ein eindeutiger Beweis vorliegt. Das, was man dem Kandidaten vorwirft, ist außerdem kein Fahndungswürdiges Verbrechen, das erfordern würde, dass die US-Bundespolizei FBI ermittelt.
Ganz zu schweigen davon, dass der Beschuldigte damals noch nicht volljährig war. Eine Untersuchung des FBI ist auch nicht dazu da, ein Urteil zu fällen. Das muss letztendlich der Senat tun und sollte dazu normalerweise nicht allzu lange benötigen. Langwierige Prozesse hinsichtlich des vom Präsidenten gewünschten Kandidaten gibt es erst, seitdem Präsident Trump das Land regiert.
Viele missbrauchten die geplante Ernennung zum Obersten Richter auf Lebenszeit als ein Politikum. Doch wenn Senatoren aus konservativen Staaten weiterhin den Nominierungsprozess hinauszögern, könnte ihnen das schaden bei den anstehenden Midterm Elections, die im November 2018 das Repräsentantenhaus und ein Drittel der Senatoren wählen.
Capitol Washington October 2018
Zudem werden nachweisliche sexuelle Verfehlungen, die einen Demokraten aus dem Bundestaat Minnesota betreffen, und die keine 36 Jahre zurückliegen, unter den Teppich gekehrt. Diese Doppelmoral verärgert viele Amerikaner. Denn wenn es sich um einen Republikaner handelt, bleiben all die Zeugnisse der vielen Frauen, die Kavanaughs Versicherung der Unschuld bestätigen, unberücksichtigt.
Stattdessen macht es Schule, Politiker, die sich für Kavanaugh aussprechen, notfalls mit Gewalt, einzuschüchtern. Senatoren erhalten Todesdrohungen und werden auf öffentlichen Plätzen niedergeschrien.
Mittlerweile hat FBI keine Anhaltspunkte, dass die Anschuldigungen gerechtfertigt sind. Im Gegenteil, die Anklägerin kann keine Beweise liefern, und die Menschen, die sie am besten kennen wie ihr ehemaliger Freund, bezeichnen sie als notorische Lügnerin.
Einige Politiker fordern Konsequenzen. In einem Rechtsstaat sollte es nicht möglich sein, ungestraft in einen Prozess einzugreifen, ohne auch nur die geringsten Beweise für eine Anschuldigung zu haben.



1) Die Welt: Beängstigende Zeit für junge Männer in Amerika. Politik Ausland. 02.10.2018.

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