Wissenschaftler in Madison-USA und in Rotterdam-Niederlande entwickeln hochinfektiöses Vogelgrippe-Virus im Labor - Die USA fürchten sich vor neuer Biowaffe - Gibt es ethische Grenzen für die wissenschaftliche Forschung? Von Dr. Edith Breburda
Washington D.C. (kath.net) Es wäre ein medizinischer Alptraum, wenn sich ein tödlicher Grippevirus so schnell wie ein Waldbrand über die ganze Welt ausbreiten würde. "Ein Pandemie könnte 20 bis 150 Millionen Menschen innerhalb kürzester Zeit töten", berichtet David Nabarro, ein Weltgesundheitsexperte, gegenüber "USA Today".
Wissenschaftler der amerikanischen Universität von Wisconsin/Madison und der niederländischen Erasmus Universität Rotterdam fanden heraus, welches Gen mutieren muss, damit Vogelgrippe auf den Menschen übertragbar wird. Als Versuchstiere nahmen sie Frettchen. In ihnen konnte die Vogelgrippe zum Ausbruch gebracht werden. Der hochinfektiöse Virus-Stamm verbreitet sich auch innerhalb der Tiere, d.h. ein Tier kann das andere anstecken. Frettchen sind das Tiermodell, das dem Menschen am nächsten ist. Man untersucht Krankheiten an diesem "Modell", um Impfstoffe gegen den Virus zu entwickeln.
Wissenschaftler sind untereinander zerstritten, ob man im Labor infektiöse Virusstämme erzeugen darf, die unvorhergesehene Konsequenzen für die Menschheit haben, wenn der Virus in die freie Umwelt entweicht. Zum ersten Mal durften die Forschungsergebnisse der beiden Einrichtungen nicht in Wissenschaftsmagazinen veröffentlicht werden, aus Angst, dass Terroristen den Virus "nachbauen" könnten, um ihn als Biowaffe einzusetzen.
Dass Vogelgrippe vom Vogel direkt auf den Menschen übertragen wird, kommt bisher äußerst selten vor. Landwirte, die einen sehr engen Kontakt mit infizierten Vögeln haben, können eine Ausnahme sein. Menschen untereinander konnten den Virus jedoch nicht weitergeben. Der Virusstamm, den die Wissenschaftler nun im Labor kreierten, kann innerhalb der Versuchstiere verbreitet werden. Somit kann der Virus, falls er entweicht, auch innerhalb von Menschen, beispielsweise durch einfaches Niesen, weitergegeben werden und die totbringende Krankheit hervorrufen. Die Wissenschaftler aus Wisconsin und den Niederlanden dürfen, laut Nationalen Wissenschaftsrat für Biosicherheit NSABB (National Science Advisory Board for Biosecurity), ihre Arbeiten nicht in den Fachzeitungen „Science and Nature“ publizieren, da sie Details über hochgefährliche potentielle Krankheitserreger enthalten.
Bruce Alberts, Chefherausgeber von Science bemerkte: "Wir müssen die Öffentlichkeit schützen, indem wir sicherstellen, dass technische Informationen nicht an die Öffentlichkeit gelangen und missbraucht werden. Auf der anderen Seite ist diese Art der Genforschung äußerst wichtig, damit wir schneller Impfstoffe gegen die tödliche Krankheit der Vogelgrippe entwickeln können."
Um Risiken und Vorteile abzuwägen, informierten die Wissenschaftler die Weltgesundheitsorganisation. Vorerst stoppten beide Einrichtungen weitere Forschungen. Sie bekundeten unter anderem ihre Sorge, dass das Virus aus dem Labor in die freie Umwelt gelangen könnte, obwohl es sicher hinter verschlossenen Türen verwahrt ist. Virologe Michael Imperiale von der Universität Michigan, und Mitglied des NSABB würdigt das Moratorium als einen ersten logischen Schritt.
Allerdings wirft diese Forschung mehr denn je Fragen auf. Paul Keim, Wissenschaftler der Universität Flagstaff, Arizona, der sich seinerzeit mit Anthrax beschäftigthatte, bemerkte, „dass uns mit diesem Fall klar wird, wie einfach wir auf eine Katastrophe zusteuern können, indem wir etwas erzeugen, was sehr schwerwiegende Konsequenzen hat“.
Wissenschaftler diskutieren heftig den Nutzen solcher Forschungen. Dr. Henderson von der Universität von Pittsburgh in Baltimore schrieb in der Zeitung Nature, dass man den Bauplan solcher hochgefährlicher Kunstviren nicht veröffentlichen darf. Seiner Ansicht nach schafft letztendlich der Forscher mit "dieser Laborkreation eine extrem gefährliche Situation".
Die Hauptfrage scheint weiterhin zu bleiben, ob der Mensch alles machen darf, was er machen könnte, nur weil er dazu rein technisch in der Lage ist? Professor William E. May, schreibt in einem Vorwort zum Buch "Promises of New Biotechnologies" dass Biowissenschaftler oft meinen, bessere Arbeit zu leisten als die Natur. Pflanzen, Tiere, Menschen, Chimären und andere Lebewesen (Viren) sind nicht von Menschen erschaffen. Wissenschaftler können sich nur auf einem schmalen Grat bewegen, egal ob Genmanipulation, humane embryonale Stammzellforschung oder Infektiologie. Sie müssen sich ihrer Begrenztheit und Verantwortung bewusst sein.
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