Von Dr. med. vet. Edith Breburda
Christliches Forum 16. Januar 2015
Natürlich gibt es Frauen, die voller Verzweiflung sind, weil sie keinen Nachwuchs haben; ihnen fehlt eine fertile Eizelle zu ihrem Glück. Sie sind voller Dankbarkeit, weil sie seit 2014 nun auch in Deutschland die Möglichkeit zu haben, “übrig gebliebene” Embryonen eines andern Kinderwunschpaares zu übernehmen.
Davon abgesehen sollte es eigentlich in Deutschland keine “leftover” geben, die tiefgefroren darauf warten, Adoptiveltern zu finden, die sich bereit erklären, sie auszutragen.
In Tschechien oder dem EU-Land Spanien bietet man selbst Frauen jenseits des gebärfähigen Alters eine, wie man es ironischerweise nennt, “jungfräuliche Geburt” an. Mit dem nötigen Kleingeld ist alles möglich. Bis zu 5000 Frauen nehmen diesen “Reproduktions-Dienst” pro Jahr in Anspruch.
In Deutschland gibt es schätzungsweise sechs Millionen Paare, die kein eigenes Kind zeugen können, weil die Fertilität (Fruchtbarkeit) der Frau dazu nicht imstande ist. Hier spielen immer mehr Umweltfaktoren oder auch die lange Einnahme von Verhütungsmitteln eine Rolle. Das ist mittlerweile kein Geheimnis mehr.
Für Frauen besteht in den USA seit 20 Jahren die Möglichkeit, Kinder mit einem völlig fremden Erbgut zu bekommen. Nun sollen die sogenannten “Snowflake Children” (Schneeflocken-Kinder) mit Hilfe des „Netzwerkes Embryonenspende“ auch deutschen Eltern zur Verfügung stehen.
Die in Deutschland lebenden, 3 bis 4% onkologisch behandelten oder auch erbkranken Frauen, die selber keine fruchtbaren Eizellen produzieren, können sich auf eine Warteliste für Embryonen anderer Paare setzten lassen.
Hans-Peter Eiden, der Gründer eines extra dafür gegründeten Vereins, will damit Frauen zu einem erfüllten Leben verhelfen. Es sei alles andere als “Menschenhandel”, betont er.
In Bayern und im württembergischen Aalen haben sich bereits 17 Kinderwunschzentren zum “Netzwerk Embryonenspende” zusammen getan. Vermittelt wird zwischen Paaren, die bereits erfolgreich eine Kinderwunschbehandlung abgeschlossen haben und jenen, bei denen keine In-Vitro-Fertilisation mit eigenen Eizellen möglich ist.
In Deutschland ist zwar eine Eizellspende oder der Handel mit Embryonen verboten. Weil aber die Beteiligten im Fall der Kinderwunschzentren keinen Gewinn machen, wird aber das Gesetz nicht tangiert.
Das Embryonenschutzgesetz verlangt, dass der Arzt nicht mehr als drei Embryonen in die Gebärmutter einbringt. Mit 50% ist die Befruchtungsrate dieser Reproduktionstechnik nicht sehr hoch.
Angelika Eder von Profertilita-Kinderwunschzentrum in Regensburg befürwortet, sechs Eizellen zu befruchten, um aus ihnen die zwei “schönsten” Embryonen einpflanzen zu können:
“Was aber soll mit jenen mühsam unter Hormonstimulation generierten Embryonen geschehen, die nicht anschließend in den Bauch der auf eine Schwangerschaft vorbereiteten Frau wandern?”, fragt sie.
Das Bundesland Bayern hat in seinen 16 Kinderwunschkliniken rund 28.000 Embryos erzeugt. Tiefgefroren warten sie darauf, aufgetaut zu werden und nach Reifung zum Blastozysten-Stadium in einem In-Vitro-Kulturmedium in den Uterus der Frau eingebracht zu werden, die sie adoptiert.
Meist werden sie auch als eine Art Reserve auf Eis gelegt, um der weiteren Familienplanung des Spenderpaares zu dienen.
Erst wenn die Familienplanung abgeschlossen ist, wird an eine Weitergabe der Embryos gedacht. Ein Geschäft mit den Embryos gibt es nicht. Sie werden nicht erschaffen, um nachher an andere Frauen vermittelt zu werden. Eine Entschädigung für die Spenderpaare gibt es auch nicht.
Die Lagerungsgebühr im Stickstofftank beträgt mehrere hundert Euro pro Jahr. Um sie zu sparen, könnte das Spenderpaar ihren übriggebliebenen Embryo sofort weitergeben. Das Netzwerk wünscht im gegebenen Fall eine externe Beratung, die auf die Konsequenzen der Abgabe eines “Geschwisterchens” aufklärt. Die Eltern müssen sich bewusst werden, dass ihr Kind in eine fremde Familie hineingeboren wird.
Und nebenbei: Stammzellforscher der USA behaupten, Eltern wollen das nicht und tiefgefrorene Embryos sollten deshalb der Forschung zur Verfügung stehen.
Vor der Freigabe des Embryos wird ein HIV-Test durchgeführt, um die austragende Frau zu schützen. Das Netzwerk ist bemüht, das Aussehen des Kindes mit jenem der Empfängerin in Einklang zu bringen.
Grobe äußere Übereinstimmungen wie Haar- und Hautfarbe zwischen Spender und Empfänger sollten vorhanden sein, damit das Kind nicht unnützen Nachfragen ausgesetzt wird. Das Risiko, möglicherweise ein behindertes Kind auszutragen, liegt allein beim Empfänger.
Die Paare werden sich niemals kennen lernen. Die Daten der Spender bleiben unter Verschluss. Nach dem 18. Geburtstag des Kindes sind sie auf Wunsch zugänglich. In den USA und in Spanien können auch alleinstehende oder lesbische Frauen gefrorene Embryos adoptieren. In Deutschland geht das nicht. Hier darf die Empfängerin nicht älter als 45 Jahre sein.
Die Frage bleibt, wieso es vor allem in Süddeutschland möglich ist, auf diese Weise ein Kind zu empfangen.
Das Embryonenschutzgesetz von 1990 wird in Deutschland streng gehandhabt. Juristen halfen dem Netzwerk, seine Aktionen rechtlich anzuerkennen. Die anderen Bundesländer wollen noch warten, bis die Rechtslage eindeutig ist.
Die Staatsanwaltschaft München stellte Ermittlungen gegen mehrere Reproduktionsmediziner ein. Reproduktionsmediziner aus dem Ausland hatten geklagt, weil mehr als drei Eizellen befruchtet wurden.
In vielen europäischen Staaten ist die Embryonenspende bereits erlaubt. Meist ist die Spende anonym. In Tschechien wird dem Kind die genetische Information verwehrt. Durch einen entsprechenden finanziellen Beitrag bekommt man Embryonen, welche die gewünschten Eigenschaften besitzen.
Kirchliche Einrichtungen betrachten eine Embryonenspende nicht als Lösung für die übrig gebliebenen Embryonen. Mitglieder des Deutschen Ethikrates, wie der Weihbischof von Augsburg, Anton Losinger, warnen vor den Gefahren der Selektion (Auslese).
Länderübergreifende Umfragen ergaben, dass Wissenschaftler eine Embryonenspende begrüßen. Eltern, die sich ihren Kinderwunsch durch In-Vitro-Fertilisation erfüllen wollen, sehen das schon wieder anders.
Einerseits begrüßen sie es, dass ihre Kinder nicht im Stickstoff gefroren bleiben, andererseits widerstrebt es ihnen, jegliches Mitspracherecht über das weitere Leben ihre Kindes abzutreten. Die Frau, die das Kind empfangen hat, bleibt vor dem Gesetz immer die Mutter. Zu akzeptieren, dass ihr Kind keines ihrer Gene trägt, fällt trotzdem schwer.
Das „Netzwerk Embryonenspende“ hofft, dass sich die deutsche Embryonenspende bewährt und bald so selbstverständlich in Anspruch genommen wird wie die künstliche Befruchtung im Labor. Man hofft, dass ein “ausländischer Schwangerschaftsservice” bald zu mühsam wird für Paare mit Kinderwunsch.
Literaturhinweis: Lederer E. Embryonenspende: Ü-Ei sucht Adoptiveltern! DocCheck News vom 5. Januar 2015
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