Dr. Edith Breburda
Christliches Forum, 31. 1.2016
Wissenschaftler der Universität Luxemburg stellten zu ihrem Erstaunen fest, dass ein Fanconi-Anämie kranker Junge gesunde Eltern und Geschwister hatte, obwohl es sich bei der Anämie um eine Erbkrankheit handelt.
Dr. Patrick May
und sein Team benutzen modernste Sequenzierungsmethoden und weitere zell- und
molekularbiologische Techniken, um das Gesamtgenom zu studieren, welche eine Fanconi-Anämie
verursachen. Die Luxemburger Universität’s Klinik untersucht die Ursachen eines
autosomal-rezessiv vererbten Fehlbildungssyndrom, das zu den seltenen, sogenannten
Chromosomenbruchsyndromen gehört.
Die Patienten
leiden an: einem vorgeburtlichen Minderwuchs; einem kleinen Kopf; besitzen eine
braune Hautfarbe mit sogenannten Café-au-lait-Flecken; verschiedenen
Fehlbildungen der Nieren und der Hoden und einem vollständigen Funktionsverlust
des Knochenmarks (Knochenmarkdepression) mit der daraus resultierenden starken
Verminderung aller Blutzellen, sowie einer erhöhten Chromosomenbruchrate. Durch
eine Knochenmarkstransplantation könnte eine Heilung erzielt werden.
Dr. Patrick May
kann mit seinen Untersuchungen Mutationen im RAD51-Gen identifizieren. „RAD51
ist wichtig für die Reparatur von Fehlern an der DNA, die unweigerlich bei der
Zellteilung auftreten können“, sagt der Forscher.
Bei der
Untersuchung eines Jungen, der an der Fanconi-Anämie litt, stellte May zu
seiner Überraschung fest, dass die Eltern und Schwester des Kindes gesund
waren:
„Die Mutation
trat in nur einer der zwei Ausfertigungen des Genes auf, die jeder Mensch in
seinen Zellen trägt. Zugleich war keines der RAD51 Gene bei den Eltern
betroffen.“
Das bedeutet: Die
normalerweise autosomal-rezessiv vererbte Krankheit, wurde durch eine neu
entstandene Spontanmutation im RAD51-Gen verursacht. Somit wurde der Patient
Träger einer nicht vererbten Krankheit. Bisher vertraten Forscher die These,
dass Mutationen, die zur Fanconi-Anämie führen, durch beide Eltern bedingt
sind, die beide ihr mutiertes RAD51-Gen an den Nachkommen weitergeben. Ein Fall
der Spontanmutation hatte man noch nie beobachtet.
„Die Folge der
Mutation des RAD51-Gens ist, dass das Protein mit der veränderten Aminosäure
die Aktivität des ebenfalls vorhandenen unveränderten Proteins stört. So kommt
es, dass das Kind mit Fanconi-Anämie erkrankt, obwohl die Eltern nicht Träger
der Mutation sind. Darüber hinaus gibt uns das Verständnis der Mutation auch
Einblicke, wie Störungen bei der DNA-Reparatur zu Leukämie und Tumoren führen
können,“ erklärt Dr. May.
Die Studie von
Dr. May hat Konsequenzen bei der modernen Familienplanung.
Sinn einer genetischen
Beratung für Eltern, die entweder selber oder deren Verwandte an einer
Erbkrankheit leiden, ist, erbkranke Gene zu identifizieren, um das Risiko, ein
krankes Baby zu bekommen, einzudämmen. Bisher untersucht man menschliches
Erbgut von Erbkranken Trägern nur daraufhin, ob ein Gen mit der entsprechenden
Erkrankung vorliegt. Man denke an das Brustkrebs-Gen BRCA1 (1).
2009 brachte in
England eine 27-jährige Mutter ein Baby zur Welt, das frei vom Brustkrebsgen
war. Ärzte der Universität in London erzeugten mit Hilfe der künstlichen
Befruchtung acht Embryos, welche sorgsam untersucht wurden, ob sie nicht Träger
des Brustkrebsgenes BRCA1 sind. Durch Präimplantationsdiagnostik ließen sich
zwei Embryos ausselektieren, die dann der Mutter eingepflanzt wurden. Mütter,
die mit dieser Erbkrankheit behaftet sind, besitzen eine 80%ge
Wahrscheinlichkeit, an Brustkrebs zu erkranken, und haben zu 60% das Risiko,
Eierstockkrebs zu entwickeln. Im «Englischen Fall» war der Vater seit drei
Generationen Träger des Brustkrebsgens und hätte eventuell die Krankheit an
eine Tochter weitervererben können. Die Mediziner hoffen nun, dass ihr Baby keinen
Brustkrebs ausbilden wird. Jedoch – selbst wenn das Kind das Gen nicht besitzt,
ist eine solche Garantie sehr vage, da Krebs multifaktoriell bedingt ist (2).
Wie die Studie
von Dr. May zeigt, kann es auch zu unvorhersehbaren Spontanmutationen kommen,
die zur Erkrankung eines Kindes mit Fanconi-Anämie führte. Kann diese Studie
dazu beitragen, die Anwendung von Genscreening und die meist damit verbundene
Ausmusterung von erbkranken Embryos in der Präimplantationsdiagnostik als obsolet
zu betrachten?
Literatur:
1)
Najim A. et al., A novel Fanconi anemia subtype associated with a
dominant-negative mutation in RAD51, Nature Communications, 15. Dez. 2015/ Universität Luxemburg, Fanconi-Anämie:
Mutation trotz Vererbungsthese, Doccheck News, 4. Jan. 2015
2) E. Breburda, Verheissungen der neuesten Biotechnologien,
MM Verlag, ISBN-10:
3717111728, ISBN-13:
978-3717111726, 7. Juni 2010, ASIN: B007MSBJGM
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